Das neue Cannabisgesetz – Teil 7: Regelungen zu Anbau, Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen

von Prof. Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 01.05.2024

Neben dem erlaubten privaten Eigenanbau gem. § 9 KCanG (dazu mein Blog-Beitrag vom 7.4.2024) sieht das KCanG einen Anbau von Cannabis in Anbauvereinigungen vor. Das gewonnene Cannabis darf unter bestimmten Voraussetzungen an Mitglieder der Anbauvereinigung weitergeben werden. Im Einzelnen sieht das KCanG hierzu u.a.folgende Regelungen vor:

1. Erlaubnis nach §§ 11 ff. KCanG

Die Anbauvereinigung benötigt eine Erlaubnis zum gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis.

Legaldefiniert ist die Anbauvereinigung in § 1 Nr. 13 KCanG. Danach versteht man unter einer Anbauvereinigung einen eingetragenen nicht wirtschaftlichen Verein oder eine eingetragene Genossenschaft, deren ausschließlicher Zweck der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder, die Weitergabe von Vermehrungsmaterial sowie die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung ist.

Das Erlaubnisverfahren ist in den §§ 11 ff. KCanG geregelt.

So sieht § 11 KCanG vor, dass die zuständige Behörde den Anbau auf Antrag genehmigen muss. Die zuständigen Behörden müssen die Länder nach § 33 Abs. 3 KCanG noch bestimmen. Der Antrag ist nach § 11 Abs. 1 KCanG zu genehmigen (= gebundene Ermessensentscheidung), wenn

  • die vertretungsberechtigten Personen der Anbauvereinigung unbeschränkt geschäftsfähig sind und die für den Umgang mit Cannabis und Vermehrungsmaterial erforderliche Zuverlässigkeit besitzen,
  • die Anbauvereinigung gewährleistet, dass Cannabis und Vermehrungsmaterial innerhalb ihres befriedeten Besitztums ausreichend gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche geschützt ist, und
  • die Anbauvereinigung die Einhaltung der sonstigen Vorgaben dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für Anbauvereinigungen gewährleistet.

In § 12 KCanG sind Gründe aufgeführt, die zu einer Versagung der Erlaubnis führen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Anbauvereinigung den Mindestabstand von 200 Metern (Luftlinie) um den Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Kinderspielplätzen nicht einhält (§ 12 Abs. 1 Nr. 6 KCanG) oder ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung wegen bestimmter Delikte vorbestraft ist (§ 12 Abs. 2 KCanG).

§ 16 KCanG regelt u.a. die Altersbeschränkung (Mitglieder in Anbauvereinigungen müssen mindestens 18 Jahre alt sein), eine Begrenzung der Anzahl der Mitglieder (höchstens 500 Mitglieder) und Prüfungserfordernisse bei der Aufnahme von Mitgliedern.

In § 17 KCanG finden sich Regelungen zu den Anforderungen an den gemeinschaftlichen Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen, etwa dass das Cannabis nur von Mitgliedern gemeinschaftlich angebaut werden muss, um den Eigenanbau- und Vereinscharakter zu wahren.

§ 19 KCanG enthält Vorschriften zur kontrollierten Weitergabe von Cannabis. Danach dürfen Anbauvereinigungen nur das innerhalb ihres befriedeten Besitztums gemeinschaftlich angebaute Cannabis in Reinform als Marihuana oder Haschisch weitergeben. An jedes Mitglied, das das 21. Lebensjahr vollendet hat, darf höchstens 25 g Cannabis pro Tag und höchstens 50 g pro Kalendermonat zum Eigenkonsum weitergeben werden, an Heranwachsende höchstens 25 g Cannabis pro Tag und höchstens 30 Gramm g pro Kalendermonat, wobei bei Heranwachsenden der THC-Gehalt 10 Prozent nicht überschreiten darf.

Cannabis und Vermehrungsmaterial der Anbauvereinigung sind durch Umzäunung oder Ähnliches gegen Zugriff zu schützen (§ 22 Abs. 1 KCanG).

Nach § 24 KCanG dürfen sich Anbauvereinigungen nur durch die Mitgliedsbeiträge bzw. im Falle von Genossenschaften durch laufende Beiträge finanzieren. In der Satzung kann festgelegt werden, dass Mitglieder neben einem Grundbetrag eine zusätzliche Pauschale zu entrichten haben, die gestaffelt ist nach der Menge Cannabis oder Vermehrungsmaterial, die Mitglieder von der Anbauvereinigung erhalten. § 25 KCanG sieht aber vor, dass die Anbauvereinigung im Falle der Weitergabe von Vermehrungsmaterial an Nicht-Mitglieder oder an andere Anbauvereinigungen gem. § 20 KCanG eine Gebühr in Höhe der entstandenen Selbstkosten einschl. Sach- sowie ggf. anteiligen Personalkosten verlangen kann.

2. Strafvorschriften zum verbotenen Anbau in einer Anbauvereinigung

34 Abs. 1 Nr. 15 KCanG stellt Anbau und Weitergabe von Cannabis ohne Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 KCanG unter Strafe.

Nach 34 Abs. 1 Nr. 16 KCanG ist der Anbau von Cannabis entgegen § 17 Abs. 1 S. 1 KCanG, also der Anbau von Cannabispflanzen in Anbauvereinigungen unter Mitwirkung von Nichtmitgliedern, unter Strafe gestellt.

3. Strafvorschriften zur verbotenen Weitergabe

Die Weitergabe von Cannabis entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 7 KCanG ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 7 KCanG strafbar. Weitergabe meint die Übertragung der Sachherrschaft unter den Voraussetzungen der §§ 11 ff. KCanG als besondere Form der Abgabe in Anbauvereinigungen zwischen natürlichen Personen oder natürlichen und juristischen Personen

4. Späteres Inkrafttreten

Die Regelungen zur Anbauvereinigung in § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 2, die §§ 6, 11 bis 16, 18 bis 20, 22 bis 26, 28 bis 29, § 17 Abs. 1 bis 3, § 21 Abs. 1 bis 3, § 27 Abs. 1 bis 6, § 34 Abs. 1 Nr. 10 und 11, § 36 Abs. 1 Nr. 7 bis 12 bis 35 KCanG treten einschließlich damit verbundener Straf- und Bußgeldvorschriften erst am 1.7.2024 in Kraft. Damit soll den Ländern ermöglicht werden, das Verfahren und die Behörden festzulegen, die für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und der behördlichen Überwachung von Anbauvereinigungen zuständig sein sollen, und für die erforderlichen Schulungsmaßnahmen zu sorgen.

Die bisherigen Folgen meiner Serie:

Neue Serie zum Cannabisgesetz – Teil 1: Welche Gesetze werden geändert

Das neue Cannabisgesetz – Teil 2: Änderungen von BtMG und BtMVV

Das neue Cannabisgesetz – Teil 3: Änderungen im Straßenverkehr

Das neue Cannabisgesetz – Teil 4: Systematik und Anwendungsbereich des Konsumcannabisgesetzes (KCanG)

Das neue Cannabisgesetz – Teil 5: Regelungen zum privaten Eigenanbau

Das neue Cannabisgesetz – Teil 6: Die nicht geringe Menge im KCanG

Weitere Folgen:

  • die neuen Strafvorschriften des KCanG
  • Absehen von Strafverfolgung beim Umgang mit geringen Mengen zum Eigenkonsum
  • die wichtigsten Bußgeldvorschriften des KCanG
  • Aufbau und Systematik des MedCanG
  • die wichtigsten Straf- und Bußgeldvorschriften MedCanG
  • Regelungen zu Therapie statt Strafe in KCanG und MedCanG
  • Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister
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